M O N O D G R A P H I E SErinnerung an Adolphe Monod (1802-1856) |
Napoléon Roussel: Wie man nicht predigen solltePlacidusDas Kapitel laden (in französischer Sprache)Placidus ist das vierte „Opfer“ in Napoleon Roussel’s Aufzählung von schlechten Predigern. Da er der Vernunft mißtraut, bleibt dieser Prediger beim Bibelwort stehen. Seine Predigten sind lange Ketten von Bibelstellen, die nur durch Schlüsselwörter miteinander verbunden sind.
Roussel gibt uns ein amüsantes Beispiel einer solchen Satzkette:
Da der Prediger vom Hundertsten ins Tausendste kommt, ohne genaue Idee, wohin er gelangen will, hat der Zuhörer natürlich seine Not, ihm zu folgen. Die Rede endet nicht weil das Thema behandelt worden ist, sondern weil die Zeit um ist. Die Worte, die Placidus verwendet, mögen biblisch sein, aber sein Stil ist es nicht, denn die biblischen Schriftsteller schöpfen ihre Worte, ihre Bilder und ihre Sprache aus dem Umfeld ihrer Zeit; sie „bedienen sich der Gegenstände, die ihre Zuhörer vor Augen haben oder in ihren Händen halten; und man darf annehmen, daß, derselben Regel zufolge, Jesus, die Propheten und die Apostel, wenn sie sich an die heutigen Franzosen oder Chinesen gewandt hätten, von Opium und Eisenbahnen gesprochen hätten.“ Deshalb ist es gar nicht in ihrem Sinne, eine heutige Predigt mit den Worten und Bildern einer anderen Zeit zu halten, denn das bedeutet, „ihren toten Buchstaben zu bewahren und ihren Geist abzutöten, die Schwierigkeit, unbekannte Bilder zu verstehen, der Schwierigkeit, das zu verstehen, was die Bilder sagen wollen, hinzuzufügen, und damit falsche Ideen zu vermitteln oder die Zuhörer abzustoßen.“ Roussel rät dazu, nicht allzu viele Bibelstellen zu zitieren, sondern die Dinge in einem guten Französisch zu sagen, auf eine verständliche und moderne Art und Weise, und von Zeit zu Zeit ein Bibelwort einzufügen, wodurch letzteres zur Geltung gebracht wird. Ein Übermaß an Bibelzitaten kann den gegenteiligen Effekt haben. Der Autor glaubt, daß das unmethodische Vorgehen von Placidus seinen Ursprung in seiner intellektuellen Faulheit findet. Das Aneinanderreihen von vorgefertigten Sätzen erlaubt es ihm, bei denen, die diese Sprache nicht verstehen, als tief zu gelten, und den Eindruck der Frömmigkeit zu erwecken. Placidus läuft Gefahr, seine Zuhörer zu langweilen, und, was noch viel schlimmer ist, die Menschen vom Evangelium abzuwenden. Roussel schließt mit den Worten:
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