M O N O D G R A P H I E SErinnerung an Adolphe Monod (1802-1856) |
Napoléon Roussel: Wie man nicht predigen sollteCallistusDas Kapitel laden (in französischer Sprache)Mit seinem Bildnis von Callistus kritisiert Napoleon Roussel den Prediger, der die Einfachheit, die Offenheit und die Natürlichkeit seines Worts und seiner Gedanken den Anforderungen der Rhetorik opfert. Sorgsam bedacht auf die Würde der Kanzel und der Vortrefflichkeit seines Ausdrucks spricht Callistus langsam, gefällt sich in einer feierlichen Gestik und spricht mit breiter Stimme. Er verwendet seltene und abstrakte Begriffe, aber seine Gedanken sind seicht. „Mit eurem Anspruch, Künstler zu sein, ruiniert ihr euer Naturell!”, ruft ihm Roussel zu. Dessen ungeachtet, räumt Roussel ein, daß die Gestik, die Stimme und das Gehabe des Redners ihre Wirkung auf die Zuhörer haben, auch wenn die Rede selbst arm an Gefühl und Gedanken ist.
Die Tatsache, daß „die Musik der menschlichen Stimme gewinnen und überzeugen kann” birgt allerdings auch Gefahren. So kann ein Redner, der von dem, was er sagt, überzeugt ist, sich aber täuscht, kann seine Zuhörer in den Irrtum führen. Schlimmer noch: der Redner, der echte Gefühle anspricht, um die Gunst der Stunde zu nützen, der sie aber gar nicht empfindet, kann seine Zuhörer überzeugen. Kurzum, „Frömmigkeit ohne Talent, Überzeugung ohne Wahrheit und Wahrheit ohne Überzeugung: alle drei können überzeugen.” Wenn aber die Predigt sich weder auf Überzeugung, noch auf Wahrheit stützt, dann wird dem Prediger seine Arbeit zum Verhängnis, denn er zieht sich Gottes Zorn zu.
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