M O N O D G R A P H I E S

Erinnerung an Adolphe Monod (1802-1856)

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Die einzige veröffentlichte Predigt von Jean Monod (1765-1836)

 

Sermon d’action de grâces pour la paix, et de commémoration de la mort de Louis XVI

 

Kontext

Wie Julien Monod in seiner Einleitung zu dieser Predigt, welche 1943 im Büchlein „Cent cinquante ans après“ („150 Jahre danach“) veröffentlicht wurde, schreibt, ist die Predigt, die am 26. Juni 1814 gehalten wurde, eine öffentliche Rede, die vom Minister für innere Angelegenheiten und für Glaubensgemeinschaften in Auftrag gegeben worden war. Die Einleitung führt aus, daß „man zu dieser Zeit noch erstaunt und bewegt von der schnellen Abfolge der Ereignisse war, die zum Sturz des Kaiserreichs und der Rückkehr der Bourbonen führte“.

Text

Lukas 2.14 – Frieden auf Erden !

Zusammenfassung

Das traurige Schauspiel der Kriege zwischen Völkern bildet den Ausgangspunkt dieser Rede. Jean Monod zeigt sich verwundert, daß sogar Christen sich solchem Wahnsinn hingeben können, wo doch die Religion Jesu sich ganz um den Frieden dreht. Leider aber ist der Friedenswunsch der Engel von Bethlehem nur selten Wirklichkeit geworden. Es ist also umso mehr Grund zur Freude, daß der Frieden nun endlich eingekehrt ist, nach so viel Unglück und Gewalt.

Der Prediger denkt an die schreckliche Kriegszeit zurück und vergleicht sie mit dem wiedergefundenen Frieden, aber er will tiefer graben und verweist seine Zuhörer auf die göttliche Vorsehung, die in den jüngsten Vorkommnissen zum Ausdruck kommt. Er ist der Meinung, Frankreich hätte sich großer Verbrechen gegen seine Bürger und seinen König schuldig gemacht, was erklärt, daß deshalb Gottes Gerechtigkeit über das Land gekommen ist. Jetzt aber ist die Zeit reif für Gottes Erbarmen, aber auch dafür, sich an die Fehler der Vergangenheit zu erinnern. Mond drückt seinen tiefen Respekt für Louis XVI aus, den er für ein „Beispiel der Reinheit, der Bescheidenheit, einer sanften und aufrichtigen Frömmigkeit“ hält, für jemanden, „der auf dem Thron der beste der Menschen war, und auf dem Schafott, der größte“, aber auch für seine Gattin Marie-Antoinette, die wie er selbst der Revolution zum Opfer gefallen ist. Der Prediger sieht hinter der Rückkehr der Bourbonen auf den Thron Frankreichs ein weiteres Anzeichen der göttlichen Vorsehung. Für ihn ist die Sache der königlichen Familie die Sache „der Gerechtigkeit, der Ordnung und der Moral“.

Im zweiten Teil der Predigt betrachtet Monod die Zukunft. Er sieht im neuen Frieden eine großartige Möglichkeit, den Grundstein für einen dauerhaften Frieden zu legen. Dieses Ziel kann dann erreicht werden, wenn jeder einzelne dazu beiträgt, denn die gesellschaftlichen Erscheinungen haben ihre Wurzel im Verhalten jedes Mitglieds der Gesellschaft. Monod glaubt an die Möglichkeit eines gerechten Kriegs, aber er ist fest davon überzeugt, daß eine Gesellschaft, deren Verhalten tugendsam ist, also „die Nation, in der die Gerechtigkeit, die Rechtschaffenheit und die Mäßigung in allen Herzen regieren, da sie das öffentliche Bewußtsein ausmachen, und deshalb die Beschlüsse des Herrschers genauso wie die Angelegenheiten von Privatleuten bestimmen“, weniger unter Kriegen zu leiden hat. Durch ein tugendhaftes Leben tragen die Bürger deshalb zur allgemeinen Harmonie bei. Für den Prediger kann nur die Religion eine feste Grundlage für die Moral bieten. Die Herrscher der Nationen sollten sich deshalb von der Lehre Jesu inspirieren lassen, wenn sie die Welt gut führen wollen: „laßt sie in die Kirchen kommen, um den guten Gott anzubeten – können sie dann kaltblütig seine Kinder in den Tod senden?“ Monod erinnert seine Zuhörer an die Haltung von Louis XVIII, der ein religiöser Herrscher war, aber auch an den wohltuenden Einfluß der Religion auf die ausländischen Soldaten. Seiner Meinung nach kann nur die Religion das Bindemittel zwischen den Völkern, zwischen den Menschen und zwischen Himmel und Erde formen. Die schreckliche Lehre der Vergangenheit müßte demnach zu mehr Religiosität und Tugendhaftigkeit anspornen.

Gott hat gehandelt – jetzt müssen die Menschen sich dieser Bewegung anschließen. Die Predigt endet deshalb in einer Reihe von Aufforderungen. Monod bittet zuerst Louis XVI, vom Himmel herab über Frankreich zu wachen. Er lädt Louis XVIII ein, den Anweisungen seines Vorfahrens Folge zu leisten und bittet Gott, den König und die Prinzen, die ihn umgeben, zu segnen. Er fordert die Soldaten auf, den Staat und den König zu stützen. Was die Pastoren angeht – sie müssen erbarmungslos gegen die Laster und die Gottlosigkeit vorgehen. Die protestantischen Christen müssen musterhafte Bürger sein und jede Feindseligkeit gegen andere Glaubensgruppen beiseite legen. Monod fordert die Eltern auf, ihren Kindern eine christliche Erziehung zu geben, um aus ihnen gute Bürger zu machen. Für den Prediger besteht der Hauptgrund für die Nöte Frankreichs in „der Lockerung der Sitten, im Vergessen der Religion, im Fortschritt von Luxus und Eitelkeit, und in der ständig wachsenden Leidenschaft für das Vergnügen und den Reichtum.“ Der Wohlstand wird nur wiederkehren wenn die Tugend neu aufblüht. Das Werk der Vorsehung kann ohne die Mitwirkung aller ihr Ziel nicht erreichen; die Neugeburt des Staats beginnt in den Herzen.

Aufbau

Die Predigt besitzt einen recht klaren Aufbau:

Einleitung: der Friede nach den Schrecken des Kriegs

  1. Die Vergangenheit – von der göttlichen Vorsehung geprägt
  2. Die Zukunft – zu prägen von der Tugend des Menschen

Schluß: Aufforderung zu einem tugendhaften Leben

Besonderheiten

Jean Monod ist ein Mann der Aufklärung. Als solcher ist er sehr optimistisch, was die Wohltaten der Zivilisation und die Möglichkeiten des Menschen, insbesondere seiner Vernunft und seiner Tugend angeht. Für ihn ist die Religion „die sicherste Garantie der öffentlichen und privaten Tugenden“ und trägt „zum großen Ziel aller, dem Fortschritt der Tugend“ bei. Das Herz seiner Religion ist nicht die Erlösung, die in Golgotha errungen wurde, sondern ein Streben nach einem tugendhaften Leben und ein entschiedener Kampf gegen das Laster in all seinen Ausformungen. Man erhält hier einen Eindruck von der Tiefe der Kluft, die ihn von denjenigen seiner Söhne trennte, die sich dem Reveil angeschlossen hatten. Philippe Vassaux hat sicher Recht, wenn er sagt daß Jean Monod „als ein Vertreter der frühliberalen Strömung, die sehr auf der Notwendigkeit der christlichen Moral beharrt, gesehen werden kann

Elemente der Beredsamkeit

Jean Monod scheint nicht besonders an rhetorischen Kunststücken interessiert gewesen zu sein. Auch wenn seine Sprache hie und da dem Leser zu überschwenglich erscheinen mag, stellt sich heraus, daß sie einem Zuhörer gegenüber recht effizient ist. Rednerisch interessant ist auch das Ende der Predigt, wo Monod in schneller Folge Aufforderungen an mehrere Gruppen ziemlich unterschiedlicher Gruppen, vom König bis zum einfachen Bürger, einschließlich der Machthaber, der Soldaten, der Pastoren und der Gläubigen, aneinanderreiht.

Warum es sich lohnt, die Predigt zu lesen

Abgesehen davon, daß es die einzige Predigt von Jean Monod in unserem Besitz ist (die Predigten in den Archiven der Genfer Bibliothek sind unseres Wissens nie veröffentlicht worden), handelt es sich um ein interessantes Beispiel einer politisch engagierten Predigt, welche die Machthaber unterstützt. Monod ist ein Legitimist, und er macht keinen Hehl daraus. Man hat nicht oft die Möglichkeit, zu sehen, daß ein Kirchenmann sich einer politischen Sache so offenkundig anschließt. Die Predigt ist auch hilfreich zum Verständnis des Bruchs zwischen den Predigern der Aufklärung und denen des Réveil, und um zu verstehen, warum der junge Adolphe Monod so erschüttert war, als er den Unterschied zwischen dem Laster und dem, was die Bibel Sünde nennt, entdeckte.

Schwächen

Unserer Meinung nach geht Jean Monod zu weit in seiner Bewunderung für Louis XVI; der König erscheint bei ihm als Heiliger. Selbst wenn man die Erfordernisse der Trauerreden berücksichtigt (de mortuis nihil nisi bene), scheint das übertrieben. Der Höhepunkt ist erreicht, als er den König bittet, vom Himmel aus über Frankreich zu wachen. Hier treibt Monod die Idealisierung zu weit. Man fragt sich, ob der Prediger nicht sein Amt verrät, indem er seinen persönlichen politischen Überzeugungen Ausdruck verleiht.

Man sollte aber bei aller Kritik nicht vergessen, daß es sich hier um eine Predigt handelt, die vom Staat in Auftrag gegeben wurde. Es wäre sicher nicht gerecht, Jean Monod für ein sicher recht untypisches Stück seines Gesamtwerks abzustempeln.

Aufnahme

Wir wissen leider nicht, wie diese Predigt von den Zeitgenossen Monods beurteilt wurde, aber die modernen Leser sind ein wenig verlegen.

Julien Monod schreibt im Jahr 1943 daß die Predigt „nicht nur eine Auftragspredigt und ein Pflicht-Te Deum“ ist, und fährt fort: „As ein überzeugter Legitimist, aus politischen, sittlichen und religiösen Gründen, feiert [Jean Monod] mit aufrichtiger Zufriedenheit das Ende der napoleonischen Kriege, die Rückkehr des Friedens in Frankreich und in Europa und die Wiedereinsetzung der Bourbonen. Seine Rede aus dem Jahr 1814 stellt die Folge und den Abschluß mehrerer anti-revolutionärer Predigten dar, die er in Genf und Kopenhagen zwischen 1792 und 1800 gegeben hatte.“

In einem Artikel über Jean Monod, den er auf der Website der Pariser Eglise de l’Oratoire veröffentlicht hat, schreibt Philippe Vassaux: „Die Ankunft von Louis XVIII. wird in gewissen protestantischen Kreisen dankbar gewürdigt, denn sie bringt den Frieden. Fünfzehn Jahre danach begrüßt [Jean Monod] die neue Ordnung, die von Louis-Philippe hergestellt wurde. Die überschwengliche Aufrichtigkeit der Pariser Pastoren zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist für uns heute ein wenig verwunderlich!“

Den (französischen) Originaltext laden

Eine Aufnahme der (französischen) Predigt anhören (Dauer: 1h10) :

Das .mp3 File laden.

 

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